Unbekannter Baselbieter Jura
Ausgabe 1/2019
Inhaltsübersicht
- Webstuhlrattern im Kirschbaumland
- Das Bollwerk am Hauenstein
- Das Geheimnis der Wanderwege
- Die Wehmut am Ende des Winters
Wer im Baselbiet wandert, trifft eine Vielfalt von Felsabbrüchen, Wasserfällen, Höhlen und Aussichtspunkten an. Hier ist Geologie hautnah erlebbar – und Geschichte, wie Schützengräben aus dem Ersten Weltkrieg rund um die Belchenflue beweisen. Wir haben einiges herausgepickt: Unbekanntes, Bekanntes, Überraschendes. Und mussten vieles beiseite lassen. Gehen Sie also raus ins frühlingshafte Baselbiet, lassen Sie sich von einem Wanderleiter führen, folgen Sie den Vorschlägen aus diesem Heft, oder entdecken Sie alleine noch ganz viel mehr!
Webstuhlrattern im Kirschbaumland

Auf einer Wanderung durch das Oberbaselbiet erlebt man nicht nur die Schönheit des Tafeljuras, sondern entdeckt auch die Spuren einer Industrie, die einst die ganze Region prägte. 10 000 Menschen lebten hier früher von der Seidenbandweberei, heute rattern die Webstühle nur noch in Museen.
Klassische Bauerndörfer, könnte man denken. Schön eingebettet in die Hügel des oberen Baselbiets liegen Rünenberg, Wenslingen, Kilchberg, Oltingen oder Rothenfluh zwischen saftigen Weiden, blühenden Kirschbäumen und akkurat gepflügten Äckern. Doch der Schein trügt – zumindest teilweise. Fast in jedem Haus, an dem man auf der Wanderung durch den Baselbieter Tafeljura vorbeikommt, stand einst ein Webstuhl. Der grösste Teil der Bevölkerung lebte lange Zeit von der Seidenbandweberei und betrieb die Landwirtschaft eher nebenbei. «Die Baselbieter Lütli si gar e fliss’ge Schlag, si schaffe und si wärche, soviel e jede mag», heisst es im Baselbieter Lied von 1865, «die einte mache Bändel, die and’re schaffe s’Feld, doch alli sy, wenn’s immer goht, gar lustig uf d’r Wält.» In der Blütezeit gab es in Baselbieter Stuben gegen 5000 Bandwebstühle, an denen 10 000 Heimarbeiterinnen und Heimarbeiter Seidenbänder für die Schönen und Reichen der Welt produzierten. Die farbigen Bänder zierten Hüte, Frisuren und Kleider und prägten während 200 Jahren die Mode. Heute existieren in Baselland gerade noch etwa 20 funktionstüchtige Bandwebstühle.
Fingerspitzengefühl gefragt
Geduldig zeigt Hanny Lüthy, wie die feinen Fäden mit der Passette durch das Scheidblatt gezogen werden. Nur so kommen die Kettfäden nachher schön nebeneinander zu liegen und können später durch die Litzen und das Webblatt gezogen und auf die Bändelrolle gelegt werden. Die 73-Jährige hat vor gut 30 Jahren das Bandweben erlernt und zeigt seither im Heimatmuseum Oltingen-Wenslingen-Anwil vor, was früher jedes Kind kannte. Zwar sind heute auf einer Rolle nur noch 99 statt 300 Fäden aufgewickelt und es werden Polyesterstatt Seidengarne verwendet, ansonsten funktioniert die Seidenbandweberei im Museum aber noch fast genau so wie anno dazumal. Das Heimatmuseum ist etwas versteckt in der ehemaligen Pfarrscheune von Oltingen untergebracht. Zusammen mit dem Pfarrhaus, der spätgotischen Kirche und dem nach alten Plänen wiederhergestellten und heute öffentlich zugänglichen Pfarrgarten bildet es ein prächtiges Ensemble, das sicher nicht umsonst unter eidgenössischem Denkmalschutz steht. Viel Platz hat es im Museum allerdings nicht. Der riesige vor über 100 Jahren in Gelterkinden hergestellte Webstuhl nimmt die ganze Breite des Ausstellungsraums ein. 20 Bänder könnten auf dem sogenannten 20-Gänger gleichzeitig gewoben werden. Wenn Hanny Lüthy das elektrifizierte Ungetüm in Betrieb nimmt, wird eine Unterhaltung allerdings schier unmöglich.
Webstuhlrattern statt Schlaflied
«Der Rhythmus des Webstuhls bestimmte das Leben in den Dörfern», sagt die Weberin. Meist stand er in der besten Stube der Posamenter, wie die Bandweber genannt wurden, direkt neben Bett und Tisch. Die kleinen Kinder seien aber nicht etwa vom Lärm des Webstuhls aus dem Schlaf gerissen worden, sondern meist nur erwacht, wenn dieser abgestellt und der gewohnte Rhythmus unterbrochen worden sei. Die Grossmutter von Hanny Lüthy hat im nahen Buus selbst noch Heimarbeit Seidenbänder gewoben – auch ein Grund, warum Hanny Lüthy sich jetzt zusammen mit anderen Frauen aus der Gegend für die Seidenbandweberei engagiert. In den Anfängen wurde noch von Hand gewoben. Das war oft Männerarbeit. Den ganzen Tag lang den schweren Webstuhl zu bedienen, brauchte viel Kraft. Durch die Elektrifizierung wurde das Weben dann einfacher – und schneller. Mit einer Lochkarte gesteuert, schossen die Schiffchen aus Kirschholz fortan hin und her, und nach einer Stunde war das fertige Seidenband 1,5 Meter länger. Dennoch blieb viel Handarbeit, an der sich oft die ganze Familie beteiligte: das Einrichten des Webstuhls, der Unterhalt der Mechanik oder das Bedienen der «Spülimaschine», auf der die Schussfäden auf kleine Spulen gewickelt wurden.

Wanderung
Sommerau > Rothenfluh 14.4 km | 3 h 55
Auf dieser Wanderung wandelt man auf den Spuren der Posamenterei, die einst die Region prägte. Die hiesige Bevölkerung lebte lange Zeit von der Seidenbandweberei, fast in jedem Haus stand damals ein Webstuhl. In den besten Zeiten arbeiteten etwa 10 000 Heimarbeiterinnen und Heimarbeiter....
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