Echte Bergwelten
Ausgabe 3/2017
Inhaltsübersicht
- Sanfte Trutzburg im Fels
- Mutiger Sprung ins Ungewisse
- Perfekte Stille in der Idylle
- Der Gletscher im Neuenburger Jura
- «Ich mag das Schritttempo sehr.»
Raue, einsame Berge und Ruhe, die schon fast wehtut – man findet sie auf Bergtouren zur Gspaltenhornhütte BE, auf die Silberen SZ und im Nationalpark GR. Wie renoviert Architekt Daniel Suter im unwirtlichen Gletschergebiet unterhalb des Gspaltenhorns BE eine Hütte? Warum ist für Akkustiker Kurt Eggenschwiler die Stille des Schweizerischen Nationalparks GR fast unerträglich? Und wie setzt Science- Fiction-Forscher Simon Spiegel eine Wanderung in den Karstfeldern der Silberen SZ in ein Drehbuch um? Auf unseren Bergwanderungen antworten Experten auf diese Fragen – und auf viele andere mehr.
Sanfte Trutzburg im Fels

Die Gspaltenhornhütte sitzt stolz am Rande eines kargen Gletschergebiets, platziert zwischen von Schotter bedecktem Eis, Fels und Wasser. Unwirtlich und doch märchenhaft unberührt ist sie. Vor wenigen Jahren hat Architekt Daniel Suter sie umgebaut und das Natursteingebäude mit einem Blechanbau erweitert.
Die Wanderung zur Gspaltenhornhütte ist kein Zuckerschlecken. Unterhalb des Gspaltenhorns thront sie auf einem Felsvorsprung – ihr zur Seite der Gamchigletscher. Sichtbar ist die Hütte erstmals von der Bettstatt aus, einer länglichen, flachen Wiesenanhöhe zwischen zwei steilen Abhängen. Kurz danach wird der Fuss des Gletschers erreicht. Die Hütte ist von blossem Auge fast nicht erkennbar, kein Wunder, sie liegt ja auch noch 300 Höhenmeter und einen langen Fussmarsch entfernt. Es gibt wenige, die so oft hier oben waren wie Daniel Suter. Vor allem in den letzten Jahren. Da marschierte er manchmal wöchentlich hoch. Daniel Suter ist Architekt und seit seiner Kindheit passionierter Berggänger. So war es denn auch ganz und gar kein Zufall, dass er 2014 mit dem Umbau und der Erweiterung der Gspaltenhornhütte betraut wurde. Und weil das Wetter in jenem Jahr lange Zeit schlecht war, zogen sich die Arbeiten bis spät in den Herbst hinein. Natürlich musste der Architekt regelmässig auf der Baustelle erscheinen. Doch den mehrstündigen Fussmarsch nahm er locker. Zuvor hatte Daniel Suter bereits die Trifthütte im Gadmertal umgebaut, und bei der Hollandiahütte unterhalb der Lötschenlücke hatte er geholfen, die Abwasser- und WC-Situation zu lösen. Und im Vergleich zu Trift- und Hollandiahütte ist der Zustieg zur Gspaltenhornhütte dann doch ziemlich leicht. Die ersten Erinnerungen Der 65-Jährige stammt aus Oberhofen am Thunersee. Bereits seine Eltern waren eifrige Wanderer. Suter erinnert sich, wie er Anfang der Sechzigerjahre mit seinen Eltern im Auto Richtung Griesalp gefahrensei und plötzlich ein anderes Auto entgegengekommen sei ... Heute wird die enge Strasse auf die Griesalp als steilste Postautostrecke Europas bezeichnet. Es gibt fixe Zeiten, zu denen die Autofahrer warten müssen, damit das Postauto die Strecke passieren kann. Diese Regelung gab es damals noch nicht. Als nun das von oben kommende Fahrzeug nicht anhielt, musste Daniel Suters Vater auf die Bremse. Danach konnte er nicht wieder anfahren – die ganze Familie stieg aus, damit das Auto leichter wurde. «Das vergesse ich nie mehr», sagt Daniel Suter. Animiert durch die Eltern, wanderten Daniel Suter und sein Bruder schon als Jugendliche zur Gspaltenhornhütte, Jahre später nahm Suter seine kleine Tochter mit. Das war, als er das Wandern nach einer längeren Pause mit etwa 35 Jahren wieder für sich entdeckte. Daniel Suter wurde Mitglied im SAC, und schon bald kamen die Kameraden mit einer Aufgabe auf ihn zu: Er sollte Hüttenverantwortlicher der Sektion Bern werden. Von nun an beschäftigte sich Daniel Suter intensiver mit den SAC-Hütten. Mit dem Abwasser, mit Reparaturen, der Konstruktion. Als Architekt hatte er das Wissen dazu.
Blech, kein Holz
Während er behänd die besagte Bettstatt erreicht, erzählt er vom bedeutendsten Hüttenarchitekten des 20. Jahrhunderts. Der St. Galler Jakob Eschenmoser (1908– 1993) baute über ein Dutzend Hütten in den Schweizer Alpen. Er wollte seine Bauten unauffällig in die Natur integrieren. Meistens waren sie mit Bruchstein gebaut und hoben sich schon deshalb kaum von der Umgebung ab. Um den Platz maximal auszunutzen, machte Eschenmoser die Hütten nicht rechteckig, sondern verwinkelt, schneckenförmig oder polygonal, also vieleckig. So konnte er im Innern mehr Schlafplätze anordnen als in rechteckigen Räumen...
Mutiger Sprung ins Ungewisse

Das Wandern rund um die Silberen gleicht einem Sprung von der Realität in die Utopie und wieder zurück. Science-Fiction-Forscher Simon Spiegel ist hin- und hergerissen: Taugt eine Wanderung als Drehbuch für einen Film? Das zeigt sich auf einer heldenhaften Expedition im Kanton Schwyz mit offenem Ende.
Perfekte Stille in der Idylle

Es gibt Orte, die sind so still, dass der Mensch sie kaum erträgt. Hier hört er nur das Knirschen seiner Bergschuhe, und dies auch nur, solange er wandert. «Diese Stille ist ungewöhnlich, selbst in den Bergen», sagt Akustiker Kurt Eggenschwiler während der Wanderung durch die Geräuschkulisse des Schweizerischen Nationalparks.
Der Gletscher im Neuenburger Jura

In einer Höhle im Val-de-Travers liegt gut versteckt der Gletscher von Monlési. Trotz der sommerlichen Hitze liegt die Temperatur hier unten nahe am Gefrierpunkt. Wer die Höhle erkunden will, läuft gebückt über zehn Meter dickes Eis – und wird belohnt mit imposanten Eisskulpturen. Eine erfrischende Tour mit Klimaexperte Stefan Reimann.
«Ich mag das Schritttempo sehr.»

Schnell vorankommen ist nicht sein Ziel: Zwischen Saignelégier und La Ferrière hält Julian Sartorius oft an, um Musik zu machen: Er trommelt auf Wegweisern, Baumstämmen, ja sogar auf Pilzen. Aus den Geräuschen komponiert er Lieder, er nennt sie «Hidden Tracks». Auf versteckten Wegen durch den Jura mit dem Berner Perkussionisten.
Haben Sie diese Ausgabe verpasst?